Klimaschutzkonzeption für die Stadtwerke Lemgo

Endbericht des ifeu - Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg GmbH vom Dezember 2008

Der vollständige Bericht steht hier zum Download bereit.

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8.7.2 Erneuerbare Energien

Zusätzlich zur effizienten Nutzung der Energie in Kraftwärmekopplungsanlagen muss die Energieversorgung langfristig auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.
Die ersten Schritte hierzu sind in Lemgo bereits geschehen. Kleinwasserkraftwerke erzeugen seit mehreren Jahrzehnten schon Elektrizität. 2006 wurden etwa 390 MWh Strom durch Wasserkraft erzeugt.
Im Jahr 1990 und 1993 erstellten die Stadtwerke Lemgo je eine Windkraftanlage (WKA) mit einer elektrischen Leistung von 150 kW bzw. 300 kW auf dem Wiembecker Berg. 2002 kam auf dem Rottberg die Anlage eines privaten Betreibers dazu. Insgesamt wurden dadurch in Lemgo im Jahr 2006 etwa 2.500 MWh Strom umweltfreundlich erzeugt.
In der Kläranlage betreiben die Stadtwerke Lemgo in Kooperation mit der Abwasserbeseitigungsgesellschaft ein kleines BHKW. Zusammen mit weiteren Biomasseanlagen privater Betreiber wurden 2006 etwa 850 MWh Strom in das Netz eingespeist.
Photovoltaikanlage auf dem Dach der Fahrzeughalle der Stadtwerke Lemgo

Zur Stromerzeugung in Lemgo wurde 2005 die größte zusammenhängende Solaranlage mit einer Spitzenleistung von 64 kW auf der Lager- und Fahrzeughalle der Stadtwerke Lemgo installiert (siehe Foto). Im Jahr 2006 lieferte die Anlage etwa 60 MWh.

Zusätzlich gibt es noch zwei größere Anlagen auf dem Dach der Hochschule OWL, die etwa 26 MWh liefern können.
Insgesamt werden durch alle Photovoltaikanlagen etwa 900 MWh in das Netz der Stadtwerke Lemgo eingespeist.
Zusätzlich werden etwa 850 MWh Strom aus der Gasentspannungsanlage in das Stromnetz eingespeist.
Insgesamt werden 2006 daher knapp 3 % des Lemgoer Stromverbraunchs durch Erneuerbare Energien regional erzeugt. Die Hälfte davon durch Windkraftanlagen.
Zur Zeit wird im Rahmen des Repowering eine neue Windkraftanlage mit 2 MW Leistung erstellt. Von dem früheren Ziel der Stadtwerke (siehe /SWL_1996/), 10 % des Stromverbrauchs bis zum Jahre 2010 durch Windkraft zu decken, ist Lemgo noch weit entfernt. Damals hatten die Stadtwerke vor, mis zum Jahre 2010 Windkraftanlagen der Leistungsklassen von 500 kW bzw. 1 MW mit einer Gesamtleistung von 10 MW zu bauen. Im Wesentlichen aus Akzeptanzgründen wurden diese Pläne bislang nicht umgesetzt. Heute bräuchte man zur Deckung von 10 % des Lemgoer Stromverbrauchs nur noch fünf WKAs mit jeweils 2 MW. Diese würden ca. 12,5 Mio. Euro kosten und etwa 18.000 MWh Strom umweltfreundlich einspeisen. Damit könnten etwa 30 % der Lemgoer Haushalte mit Strom versorgt werden.
Vergleich PV-Strom und Windenergie für 10 % Anteil Erneuerbarer Energien in Lemgo
Alternativ müssten diese etwa 6.000 Haushalte jeweils eine Photovoltaikanlage mit einer Fläche von ca. 30 m2 (insgesamt 180.000 m2) mit einer jeweiligen Leistung von etwa 3,3 kWpeak installieren. Diese Anlagen würden jeweils etwa 16.500 Euro oder insgesamt etwa 100 Mio. (!) Euro kosten. Die Investitionskosten für Photovoltaik liegen etwa 8 mal höher als für Windkraftanlagen. Würden diese 6.000 Haushalte daher statt in Photovoltaik in Windkraft investieren, so hätten sie noch 87 Mio. Euro für andere sinnvolle Maßnahmen übrig.
Ausgehend von den Erwartungen der Stadtwerke Lemgo (siehe /SWL_1996/), jedes Jahr etwa 100 kWpeak Photovoltaik, das entspricht etwa einer eingespeisten Strommenge für 30 Haushalte in Lemgo, an das Netz zu bringen, müssten im Jahre 2006 etwa 1.000 MW am Netz sein. Dieses Ziel wurde zwar nicht durch Anlagen der Stadtwerke, aber durch alle in das Stadtwerkenetz einspeisenden Anlagen fast erreicht. Mittelfristig gehen wir daher davon aus, dass mit Zuwachsraten von etwa 100 kWpeak zu rechnen ist. Allein die zur Zeit erhobenen Dachflächen im Rahmen einer Potenzialanalyse für öffentliche Gebäude in Lemgo /PV_Lemgo_2008/ würden ausreichen, um für 5 Jahre die dazu benötigte Fläche zur Verfügung zu stellen.
Im Bereich der Wasserkraft im Stadtgebiet Lemgo rechnen wir mit keiner wesentlichen Ausweitung der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten.
Im Bereich der Stromerzeugung durch Biomasse war angestrebt, bis 2010 etwa 10 % durch Verbrennung von Restholz, Holzhackschnitzeln oder Schwelkoks in KWK-Anlagen zu decken. Dieses Potenzial besteht weiter. Das Objekt einer Holzvergasungsanlage wird von den Stadtwerken Lemgo weiter verfolgt. Auch die Nutzung von Biomasse aus der Viehwirtschaft wurde bereits angegangen. Bei einem Landwirt wurde ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einer Leistung von 180 kWel installiert, das u.a. aus Maissilage, Getreide und Schweinegülle Strom und Wärme erzeugt. Mittelfristig ist von den Stadtwerken Lemgo vorgesehen, Gas aus Biomasse in das Erdgasnetz einzuspeisen und zentral in einem großen BHKW zu nutzen. Aus Sicht des IFEU Heidelberg ist es ökologisch sinnvoller, die Energie vor Ort zu nutzen. Der Aufwand für die Gasreinigung und Druckerhöhung verschlechtert die Ökobilanz erheblich. In jedem Fall sollten die Optionen vor der Umsetzung auf ihre ökologische Sinnhaftigkeit geprüft werden.
Noch größere Vorbehalte gibt es beim IFEU Heidelberg bzgl. des Verkaufs von „Greengas“. Hier wird das Biogas gereinigt, auf hohen Druck komprimiert, in das Erdgasnetz eingespeist und an den Kunden, zumeist für den Einsatz in Heizungen, verkauft. Aus Sicht des Gutachters sollte dieses Produkt ebenfalls auf seine ökologische Sinnhaftigkeit geprüft werden. In jedem Fall ist aber die Nutzung des Biogases in einer KWK-Anlage der einfachen Verbrennung vor Ort vorzuziehen.
Da die Nutzung der Erneuerbaren Energien im Stadtgebiet Lemgo mittelfristig keine 100%ige Deckung des Strombedarfs zulassen, sollte auch der Bezug von Ökostrom beworben werden. Wichtig ist dabei, auf hohe Qualitätsanforderungen (z.B. über das Grüner Strom Siegel) zu achten. Es sollte Ökostrom verwendet werden, der einen möglichst hohen Anteil Neuanlagen fördert. So genannter „Umverteil-Ökostrom“ bringt keine Effekte.
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8.7.3 Wichtigste Maßnahmen für die Stadtwerke Lemgo

Wichtigstes Ziel für die Stadtwerke Lemgo ist es, ihre Vorreiterrolle im Bereich Energieversorgung (Kraft-Wärme-Kopplung und Erneuerbare Energien) durch die Entwicklung von Dienstleistungsangeboten zur Senkung des Energieverbrauchs im Sinne der EU-Effizienzrichtlinie zu ergänzen. Diese gibt vor, dass über einen Zeitraum von neun Jahren jährlich etwa 1 % der Endenergie eingespart werden soll.

Eine wesentliche Maßnahme dazu ist der Ausbau des Klimaschutz- und Kompetenzzentrums Mittelpunkt (M1). Dieses Zentrum sollte zur Information, Beratung, Qualifikation, Kommunikation und Vernetzung der Akteure in Lemgo aufgebaut werden. Auf eine enge Abstimmung mit der Stadt (auch im Rahmen eines Internetportals) sollte geachtet werden. Eine zusätzliche Beraterstelle der Stadt haben wir vorgesehen, die in den ersten Jahren über nationale Förderprogramme bezuschusst werden kann.

Zur Verbreitung des Effizienzgedankens in der Bevölkerung trägt auch der Aufbau des Internetportals Klimaschutz Online (M2) bei. Neben der Lemgoer Karte zu Klimaschutzprojekten und der Bürgerbilanz sollte hier auch die Dachflächenbörse zu Photovoltaikanlagen sowie die Plattform zur Beteiligung an Bürgeranlagen (Wind und PV) integriert werden.

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